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Wie griechische Behörden Helferinnen und Helfer von Flüchtlingen kriminalisieren
Auf den ägäischen Inseln kommen Tausende Schutzsuchende an – und landen obdachlos auf der Straße. Viele Bürgerinnen und Bürger solidarisieren sich mit ihnen und versorgen sie mit dem Nötigsten. Doch wer Flüchtlinge mit dem Auto mitnimmt, dem droht eine Anklage wegen „Beihilfe zum illegalen Aufenthalt“. Die Studentin Dora T. stand deswegen letzte Woche in Mytilene vor Gericht – und das, obwohl das entsprechende Gesetz eben erst geändert wurde.
Ein Gerichtssaal in Mytilene, Griechenland: Drei Richterinnen, ein Staatsanwalt und zwei Verteidiger sind mit dem Fall von Dora T. befasst, auch mehrere Zeugen sind geladen. Dora T. ist wegen „Beihilfe zu illegalem Aufenthalt“ angeklagt.
Ihr Vergehen: Sie hat zwei Flüchtlingsfamilien in ihrem Auto mitgenommen. Als Dora T. auf der Landstraße irgendwo zwischen Moria und Mytilene aus dem Auto heraus zwei Männer sah, die Kleinkinder trugen, und zwei Frauen, eine davon schwanger, mit Gepäck bepackt bei großer Hitze, hielt sie an.
Gewaltmärsche auf der Landstraße
Die Flüchtlinge fragten Dora T. nach der Polizei – offenbar, um sich registrieren zu lassen. Das müssen sie, denn ohne Registrierung dürfen Flüchtlinge die Inseln nicht verlassen – und auf den Inseln herrscht seit Wochen ein humanitärer Notstand: Tausende Flüchtlinge campieren im Freien oder in notdürftigen Behausungen, oft ohne jede staatliche Versorgung. Viele überleben nur, weil Anwohnerinnen und Anwohner sie mit Nahrung versorgen.
Um sich registrieren zu lassen, müssen Schutzsuchende in Griechenland oft Strecken zurücklegen, die zu Fuß in der Hitze nicht zu bewältigen sind – manchmal 40 Kilometer und mehr. Auf den Straßen der Inseln sind daher zahlreiche entkräftete Menschen zu Fuß unterwegs. Den zwei Familien wollte Dora T. den gefährlichen Gewaltmarsch ersparen.
Eine Nacht in Gewahrsam
Dora T. hielt auf der Route bei einem Wagen der Küstenwache an und fragte die Beamten, wohin sie die Flüchtlinge bringen sollte – und wurde daraufhin festgenommen und über Nacht in Gewahrsam genommen – wegen „Beihilfe zu illegalem Aufenthalt“. Offenbar hielt die Küstenwache gezielt Ausschau nach hilfsbereiten Menschen wie Dora T. Obwohl schon da klar war, dass das Gesetz zur Kriminalisierung solcher Hilfen in Kürze fallen würde – was inzwischen erfolgt ist: Mittlerweile trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die künftig verhindern soll, dass Menschen, die aus Hilfsbereitschaft heraus Flüchtlinge transportieren, dafür bestraft werden.
Der Staatsanwalt plädierte trotz allem auf schuldig. Dora T. drohte ein Jahr Haft. Dora T. antwortete auf die Frage des Gerichts, ob sie wieder so handeln würde, mit diplomatischer Umsicht: „Ich würde wieder anhalten. Und warten, bis Hilfe kommt“. Dass Hilfe kommt, ist angesichts der Situation auf der Insel allerdings sehr unwahrscheinlich. Die Schutzsuchenden sind aktuell auf die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger angewiesen – staatliche Unterstützung erfahren die Flüchtlinge so gut wie nicht.
Das Signal der Behörden ist klar: Wer hilft, dem droht Strafe
Aufgrund der Umstände wird Dora T. am Ende des eineinhalbstündigen Prozesses, bei dem der PRO ASYL über das RSPA-Projekt Anwaltskosten der Beklagten übernahm, dann doch freigesprochen. Aber die Tatsache, dass es zu dieser Anklage und dem Prozess kam, ist Skandal genug – auch vor dem Hintergrund der jüngsten Gesetzesänderung, die darauf zielt, freiwillige Hilfe für Flüchtlinge zu entkriminalisieren. Offenbar wollten hier Anhänger der brutalen Flüchtlingsabwehr der jüngsten griechischen Vergangenheit hier gegenüber den vielen solidarischen Bürgerinnen und Bürgern noch einmal ein Exempel statuieren.
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