Die Regierungsparteien wollen der Bundespolizei mehr Befugnisse bei Abschiebungen einräumen. Am 25. Juni stimmt der Bundesrat darüber ab. Doch es steht zu befürchten, dass die Gesetzesnovelle zu einem undurchschaubaren Kompetenz-Gerangel zwischen verschiedenen Behörden führt – auf dem Rücken betroffener Ausländer*innen
Am morgigen Freitag stimmt der Bundesrat über den Gesetzentwurf „zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei“ ab. PRO ASYL lehnt Artikel 3 der Novelle ab, da dieser zu willkürlich wechselnden Zuständigkeiten zwischen deutschen Behörden und Beamt*innen führen würde. Die Menschenrechtsorganisation befürchtet, dass dadurch Rechtsunsicherheit entsteht und appelliert an die Bundesländer, für eine Streichung des Artikel 3 einzutreten.
In diesem Artikel werden die Zuständigkeiten der Bundespolizei für aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgeweitet. So soll sich die Zuständigkeit allein aus einem zufälligen Aufgriff im Zuständigkeitsgebiet der Bundespolizei ergeben – also zum Beispiel, wenn Polizist*innen Menschen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung anlasslos in Zügen kontrollieren. Dadurch ist zu befürchten, dass die diskriminierende Praxis des racial profiling vonseiten der Polizei zunehmen wird. Sind unter den zufällig Kontrollierten ausreisepflichtige Menschen (deren Abschiebung nicht ausgesetzt ist oder, nach Einschätzung der Bundespolizei, innerhalb von sechs Monaten durchführbar ist), soll künftig die Bundespolizei zuständig sein. Das ist nach Ansicht von PRO ASYL nicht sachgerecht, da die jeweiligen Ausländerbehörden, die bislang zuständig sind, besser mit den betreffenden Fällen vertraut sind. Unter Umständen befinden sie sich in einer aktuellen Prüfung rechtlicher Abschiebungshindernisse oder bereiten die Legalisierung des Aufenthalts vor.
Mehrfacher Zuständigkeitswechsel: Von der Ausländerbehörde zur Bundespolizei und zurück
So bleibt es die Ausländerbehörde, die nach einer Heirat oder im Anschluss an eine Ausbildungsduldung die Frage der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bearbeitet. Es besteht also die Gefahr, dass die Bundespolizei Abschiebungen forciert, obwohl die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis möglich oder geboten wäre. Zwar soll in solchen Fällen die Zuständigkeit wieder auf die Ausländerbehörde zurückgehen – doch dieses Hin- und Her dürfte sowohl für die betroffenen Ausländer*innen als auch für die involvierten Beamt*innen chaotisch sein und ist höchst fragwürdig.
Tritt das Gesetz in Kraft, wäre ein verwirrendes Zuständigkeitsroulette die Folge – dabei soll genau das verhindert werden. Es bleibt schleierhaft, wie CDU/ CSU und SPD mit dem Gesetzentwurf „zuständigkeitsbedingte Brüche im Bearbeitungsprozess“ vermeiden wollen. PRO ASYL-Rechtsexperte Peter von Auer sagt: „Wir gehen davon aus, dass der Gesetzentwurf tatsächlich zu mehr anstatt weniger derartiger Brüche führen wird. Das Kriterium für die Zuständigkeitsabgrenzung, ob eine Abschiebung binnen sechs Monaten durchführbar sein wird oder nicht, ist denkbar unscharf und wird zu Unklarheiten oder Streitigkeiten über Zuständigkeiten führen.“
PRO ASYL appelliert an die Länder, diesem Gesetz wie auch dem Gesetz zum Ausländerzentralregister in der morgigen Bundesratssitzung nicht zuzustimmen.