News
Menschen, die wir schützen müssen: Die Geschichte von Adil Hadad* aus Algerien
Jedes Jahr begleiten wir zahlreiche verfolgte Menschen in ihren Asylverfahren. Das PRO ASYL-Team hat 2018 tausende Beratungsgespräche geführt, rund 400 Flüchtlingen standen wir mit Mitteln aus dem Rechtshilfefonds zur Seite. Einer davon ist der algerische Journalist Adil Hadad*.
Algier, Algerien, April 1993: Seit dem Militärputsch im Januar 1992 sind Massenverhaftungen, Folter und extralegale Hinrichtungen gängige Praxis der algerischen Sicherheitskräfte und Geheimdienste. Auch der Onkel Adil Hadads fällt den Schergen zum Opfer. Er wird von ihnen entführt, bis heute ist er spurlos verschwunden.
Verhöre und Folter durch die algerische Gendarmerie
Rund zwei Jahre nach der Entführung seines Verwandten wird der 19-Jährige Adil Hadad inhaftiert. Der junge Mann hat bereits einige Artikel als Journalist veröffentlicht, doch das ist nicht der Grund. Die Inhaftierung steht im Zusammenhang mit seinem Onkel – dies wird bei den Verhören durch die Polizei deutlich, in deren Verlauf Adil Hadad gefoltert wird. Im gleichen Jahr wird ein Freund Adils, der zusammen mit ihm studiert, vor seinen Augen umgebracht.
Mit der Machtübernahme des bis heute regierenden Präsidenten Bouteflika im Jahr 1999 werden die restriktiven Ausreisebestimmungen für die algerische Bevölkerung etwas gelockert. Annähernd zwei Millionen Menschen nehmen die Möglichkeit wahr. Auch Adil Hadad verlässt das Land im April 2001 Richtung Vereinigte Arabische Emirate. Dort findet er eine Anstellung als Marketing-Manager.
Eine Woche später erfährt Adil Hadad, dass sein Kollege und Freund in der Haft gestorben ist.
Gründung einer Online-Zeitung in Dubai
Die politischen Entwicklungen in seiner Heimat verfolgt der Journalist aufmerksam weiter. Aufgrund der dortigen Missstände entschließt er sich, erneut aktiv zu werden. Er gründet die Online-Zeitung El Watan, die er bis heute aus dem Exil betreibt. Ab 2010 veröffentlicht er regelmäßig regimekritische Artikel auf dem Portal.
Im Fokus des Geheimdienstes
Aus Vorsicht verfasst Adil Hadad seine Beiträge anonym. Dennoch wird seine Lage zunehmend prekär. Viele Menschen werden als Reaktion auf den „Arabischen Frühling“ Opfer von Verhaftungswellen. Zakarilja El Achiri, ein Journalist, der ebenfalls auf El Watan veröffentlicht, wird festgenommen. Eine Woche später erfährt Adil Hadad, dass sein Kollege und Freund in der Haft gestorben ist. Er vermutet, dass der Journalist gefoltert wurde und muss befürchten, dass auch er gefährdet ist. Kurz darauf erhält er Drohanrufe eines Mannes, der sich ihm gegenüber offen als algerischer Militäroffizier zu erkennen gibt. Aus Angst um sein Leben flieht er im Januar 2013 über Frankreich nach Deutschland.
Weitere oppositionelle Aktivitäten
Im Zuge seiner journalistischen Arbeit hat Adil Hadad viele Kontakte zu Mitgliedern der politischen Opposition in Algerien und anderen arabischen Ländern geknüpft. Sein gesammeltes Wissen über Korruption, Intrigen und Gewalttaten von Seiten der Machthaber machen ihn zu einer latenten Bedrohung. Im Falle einer Rückkehr nach Algerien wäre er in großer Gefahr.
Ablehnung des Asylantrages und Ankündigung der Abschiebung
Drei Jahre nach seiner Flucht findet im Februar 2016 endlich die Anhörung Adil Hadads im Rahmen des Asylverfahrens statt. Einen Monat später wird ihm mitgeteilt, dass sein Asylantrag abgelehnt ist. Ihm wird vorgehalten, in der Anhörung keine »flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung« dargelegt zu haben.
Wir unterstützten das Klageverfahren Adil Hadads beim Verwaltungsgericht – mittlerweile wurde er als Flüchtling anerkannt.
PRO ASYL schaltet sich ein, bitte helfen Sie
Wir unterstützten das Klageverfahren Adil Hadads beim Verwaltungsgericht – mittlerweile wurde er als Flüchtling anerkannt. Die Bemühungen der Bundesregierung, Algerien als sicheres Herkunftsland zu deklarieren, sind auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen dieses verfolgten Journalisten mehr als fragwürdig. Bitte engagieren Sie sich zusammen mit uns für verfolgte Menschen: Spenden Sie, oder werden Sie Mitglied von PRO ASYL.