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Die Mehrheit der Asylbewerber in Deutschland hat triftige Fluchtgründe und bekommt einen Schutzstatus zugesprochen. Foto: Amnesty International, Henning Schacht

Zwischen 2015 und 2017 erhielten 836.000 Personen Schutz vom BAMF, damit liegt die bereinigte Schutzquote bei 63 Prozent. Und dabei sind die positiven Gerichtsentscheidungen bis September 2017 noch nicht einmal miteingerechnet.

In den Jah­ren der »Flücht­lings­kri­se« erhiel­ten fast zwei Drit­tel der Asyl­an­trag­stel­ler, deren Fall inhalt­lich geprüft wur­de, einen Schutz­sta­tus. Bei aller Kri­tik an schwe­ren Män­geln in der Arbeit des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF): Das sind Zah­len, die Hoff­nung machen. Und sie bele­gen, dass die poli­ti­sche Pro­pa­gan­da, die meis­ten Flücht­lin­ge bräuch­ten gar kei­nen Schutz, nicht stimmt.

44%

der Kla­gen gegen Asyl­be­schei­de sind erfolgreich

Klagen gegen Ablehnung oder auf Aufstockung des Schutzes

Im Sep­tem­ber 2017 waren ins­ge­samt 365.000 Asyl-Ver­fah­ren vor den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten anhän­gig. 90 Pro­zent aller ableh­nen­den Beschei­de lan­den vor Gericht und die Erfolgs­aus­sich­ten der Klä­ger sind nicht schlecht: So wur­den im genann­ten Zeit­raum 44 Pro­zent der inhalt­lich geprüf­ten Beschei­de von Gerich­ten kor­ri­giert und den Betrof­fe­nen ein Schutz­sta­tus zuge­spro­chen. Für das Her­kunfts­land Afgha­ni­stan lag die­se Quo­te sogar bei 61 Pro­zent. Ärger­lich für Innen­mi­nis­ter de Mai­ziè­re, der doch afgha­ni­schen Flücht­lin­gen seit Jah­ren abspricht, ernst­haf­te Asyl­grün­de zu haben – Gerich­te sehen das offen­bar anders.

Syrer bekom­men in 69 Pro­zent der Kla­gen, die meist von sub­si­diä­rem auf den vol­len Schutz abzie­len, von den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten Recht. Auch das dürf­te nach Abschre­ckung dürs­ten­den Poli­ti­kern nicht schme­cken, die kei­nen Fami­li­en­nach­zug für Syrer wol­len, der aktu­ell mit sub­si­diä­rem Schutz nicht mög­lich ist.

Schwacher Versuch der Schönrechnung

Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um (BMI) und BAMF haben ver­sucht, die Erfolgs­zah­len von Geflüch­te­ten vor Gericht zu rela­ti­vie­ren, indem sie auf eine ver­meint­lich hohe Erfolgs­quo­te des BAMF in der zwei­ten Instanz hin­wei­sen. De Mai­ziè­re spricht auf der Pres­se­kon­fe­renz zur Vor­stel­lung der Asyl­sta­tis­tik 2017 von einer »nicht uner­heb­li­chen Dif­fe­renz zwi­schen der 1. und der 2. Instanz« und will des­halb auch gleich in even­tu­el­len Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen »Vor­schlä­ge aus der Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit wie man zu einer schnel­le­ren, effek­ti­ve­ren und ein­heit­li­che­ren Recht­spre­chung« aufgreifen.

Nur 0,6%

der Gerichts­entscheidungen wer­den in zwei­ter Instanz korrigiert.

Berufung wird häufig nicht zugelassen

Aber das Argu­ment, dass man dann in zwei­ter Instanz häu­fig gewin­ne, ist schwach: In den aller­we­nigs­ten Fäl­len wer­den die Urtei­le der ers­ten Instanz über­haupt in zwei­ter Instanz über­prüft, denn die für die Zulas­sung der Beru­fung im Asyl­ver­fah­ren gel­ten­den hohen Anfor­de­run­gen wer­den nur sel­ten erfüllt.  Das war von Janu­ar bis Sep­tem­ber 2017 gera­de Mal in einem Pro­zent aller Gerichts­ent­schei­dun­gen (1.329 von 98.933) der Fall.

Das BAMF kann die hohe Kor­rek­tur­quo­te nicht klein­re­den oder sich ver­meint­li­che Erfol­ge in zwei­ter Instanz anrechnen.

Das heißt: Die aller­meis­ten Urtei­le hat­ten im genann­ten Zeit­raum bereits in ers­ter Instanz Bestand! In der Beru­fung wur­de das Urteil in zwei­ter Instanz dann in 624 Fäl­len zu Unguns­ten der Asyl­su­chen­den kor­ri­giert – das ist ein Anteil von 0,6 Pro­zent aller Gerichts­ent­schei­dun­gen! (Zah­len aus einer Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf eine Anfra­ge der LINKEN) Meist waren Syrer, die von sub­si­diä­rem auf vol­len Flücht­lings­schutz geklagt haben, von Beru­fun­gen betrof­fen. Beim Her­kunfts­land Afgha­ni­stan gab es über­haupt kei­ne Berufung!

Damit kann das BAMF die hohe Kor­rek­tur­quo­te durch Gerich­te nicht klein­re­den oder sich ver­meint­li­che Erfol­ge in zwei­ter Instanz anrech­nen. Mehr Sorg­falt und Qua­li­tät in den Asy­l­ent­schei­dun­gen des BAMF wür­den die Ver­wal­tungs­ge­rich­te ent­las­ten und den Schutz­su­chen­den schnel­ler Sicher­heit über ihre Auf­ent­halts­per­spek­ti­ven ermöglichen.

(hm / dmo)